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Dank an die Fledermaus

Vor ein paar Tagen bekam Denis Mukwege, Gynäkologe in Bukavu, Ostkongo, den Friedensnobelpreis. Wenn man ihn treffen wollte – und das wollte ich öfters, da ich nicht weit von seiner Klinik am «Kongo Tribunal» arbeitete –, musste das jeweils um 7 Uhr früh geschehen. Anschliessend arbeitete er bis zum Einbruch der Nacht. Zuletzt traf ich ihn im ­vergangenen Sommer, als wir in einer Kirche über meinen Film diskutierten. Mukwege wurde von Blauhelmen ­begleitet: Kurz vor unserer Diskussion war ein Anschlag auf sein Haus verübt worden.

Denn wie alle Menschen, die sich wirklich einer Sache verschreiben, wird er von vielen geradezu gehasst. Das ist verwunderlich: Mukwege ist besessen von seiner Klinik, in der er vergewaltigte Frauen behandelt, und kein zweiter Mensch in dem Land hat so viel Gutes getan. Aber seine Energie und sein Wunsch, die Welt zu verbessern, können sich viele nur mit persönlicher Gier erklären. Seine kluge Strategie hinwiederum, den kongolesischen Bürgerkrieg durch internationale Lobbyarbeit zu bekämpfen, wird ihm als Narzissmus ausgelegt. Deshalb freut es mich unsäglich, dass Mukwege den Nobelpreis bekommt und sein Name nun in einer Reihe mit Namen wie Elie Wiesel oder Nelson Mandela stehen wird. Niemand hatte ihn auf dem Schirm, im Gegensatz zu so absurden Kandidaten wie Donald Trump oder Kim Jong-un. Mukwege ist ein Mann wie aus einem alten Buch. Einer, der seine Arbeit tut, weil sie getan werden muss – eine Arbeit, die unsäglich anstrengend und gefährlich ist. Doktor Mukwege ist ein Held unserer Zeit.

Als wäre man nicht mehr in Deutschland

In sehr viel profaneren Bereichen bewegte ich mich heute: Ich ging mit meinen beiden Töchtern auf die Demo zur Erhaltung des Hambacher Forsts («Hambi» genannt), der für den Braunkohle-Abbau abgeholzt werden soll. Tausende von Menschen versammelten sich mitten im Rheinischen Braunkohlerevier zu einem grossen Protestzug. Was erstaunlich und berührend ist, denn wegen der Abriegelungs­strategie der Polizei musste man bis zu zehn Kilometer zu Fuss über Feldwege und stillgelegte Autobahnen zum Versammlungsplatz gehen.

Man fühlt sich im Braunkohlerevier gleichsam in rechtloses Gebiet versetzt, in die Gold- und Coltanminen des Kongo. Ganze Dörfer verschwinden, die Firmen haben eigene kleine Flugplätze, die Landschaft gleicht einer Wüste. «Mir kommt es vor», ­sagte meine jüngere Tochter, die ein selbst gebasteltes «Hambi bleibt forever»-Schild schwenkte, «als seien wir gar nicht mehr in Deutschland».

Übrigens wurde die Abholzung des Hambacher Forsts gestoppt. Nicht wegen unserer Proteste oder anderer Heldentaten: Forscher haben eine ­seltene Fledermaus im Forst entdeckt. Ihr Name wird auf keiner Liste erscheinen, und das würde sie auch nicht interessieren. Aber ich winke ihr an dieser Stelle kameradschaftlich zu: Danke, Fledermaus! No pasarán!