Die EU möchte der Solartechnologie eines Schweizer Startups zum Durchbruch verhelfen

Die Firma Insolight hat ein Solarmodul entwickelt, das um fast zehn Prozent effizienter ist als die herkömmlichen Module aus Silizium. Brüssel sieht darin eine Chance, frischen Wind in die europäische Photovoltaikbranche zu bringen. Das ist bitter nötig.

Christian Speicher
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Ein Konzentratormodul des Schweizer Startups Insolight. (Bild: Insolight)

Ein Konzentratormodul des Schweizer Startups Insolight. (Bild: Insolight)

Die europäische Photovoltaikbranche hat schwere Zeiten hinter sich. Die Produktion hat sich nach China verlagert, da Solarmodule dort wesentlich günstiger hergestellt werden können als in Europa. Das ist bitter. Denn europäische Forscher haben in der Vergangenheit massgeblich zur Entwicklung der Photovoltaik beigetragen. Jetzt keimt neue Hoffnung. Am Mittwoch hat das Centre Suisse d’Electronique et de Microtechnique (CSEM) mit Sitz in Neuenburg bekanntgegeben, dass die EU 10,6 Millionen Euro in das Hiperion-Projekt investieren wird. Das Projekt soll einer neuen Solarzellentechnologie zum Durchbruch verhelfen und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Solarzellenindustrie stärken. Dazu setzt das Konsortium aus 16 Forschungsorganisationen und Industriepartnern auf eine Technologie, die vom Schweizer Startup-Unternehmen Insolight entwickelt wurde.

Der Photovoltaikmarkt wird heute von Solarmodulen aus Silizium dominiert. Dieses Halbleitermaterial ist kostengünstig und wandelt das Sonnenlicht recht effizient in Strom um. Die besten Module aus monokristallinem Silizium erzielen Wirkungsgrade von 20 bis 22 Prozent. Im Vergleich dazu schneiden die Module von Insolight wesentlich besser ab. Wie Messungen an verschiedenen Standorten gezeigt haben, erreichen sie einen Wirkungsgrad von 29 Prozent.

Zu verdanken ist dies einem System aus Linsen, die das Sonnenlicht bündeln und auf viele kleine Flecken fokussieren. Hier sitzen die Solarzellen. Wegen der Fokussierung des Lichts ist der Materialbedarf gering. Deshalb kann man auf teure, aber hocheffiziente Solarzellen aus Germanium, Indium oder Gallium zurückgreifen, die sonst nur in der Raumfahrt verwendet werden.

Die Konzentrator-Technologie hat allerdings ihre Tücken. Während des Tages ändert sich der Einfallswinkel des Sonnenlichts, so dass die kleinen Solarzellen nicht mehr im Fokus der Linsen liegen. Für dieses Problem hat Insolight eine kostengünstige Lösung gefunden. Anstatt das ganze Solarmodul dem Sonnenlicht nachzuführen, wird nur die Schicht, auf der die Solarzellen sitzen, horizontal bewegt, der Rahmen selbst verharrt an Ort und Stelle. Bewegungen von wenigen Millimetern pro Tag reichen, damit die Solarzellen stets im Fokus der Linsen bleiben. Das verursacht zwar Mehrkosten. Diese sollten jedoch durch den höheren Wirkungsgrad der Solarzellen mehr als aufgewogen werden.

Das Modul von Insolight lässt sich mit einem herkömmlichen Solarmodul aus Silizium kombinieren. Das macht sich besonders an bewölkten Tagen bezahlt. Während das Konzentratormodul nur bei direktem Sonnenlicht funktioniert, kann das darunterliegende Siliziummodul auch diffuses Sonnenlicht verarbeiten.

Bisher seien die Solarmodule von Insolight im Labor und von Hand gefertigt worden, sagt Christophe Ballif, Direktor des Photovoltaik-Zentrums vom CSEM. Im Rahmen des Hiperion-Projekts gehe es nun darum, die Industrialisierung der Konzentrator-Technologie voranzutreiben. Dazu wollen die Projektpartner unter der Leitung des CSEM eine Pilotproduktionslinie bauen. Marktchancen für die neuen Solarmodule sieht Ballif zunächst dort, wo der Platz begrenzt ist und trotzdem ein hoher Strombedarf besteht, etwa auf Hausdächern. Wenn es gelinge, den Wirkungsgrad weiter zu steigern, sei die Technologie aber auch für grosse Solarparks geeignet.

Neben dem CSEM sind auch das Berner Unternehmen Sonceboz SA, die Firma 3S Solar Plus aus Thun sowie die Vereinigung Compaz am Hiperion-Projekt beteiligt.

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