Mit 600 Kilometern pro Stunde von Schanghai nach Guangzhou: Chinas Bahnpläne werden zur Gefahr für die Fluggesellschaften

In Deutschland entwickelt, kommerziell jedoch gescheitert. So lässt sich die Geschichte des Transrapid in wenigen Worten zusammenfassen. China will dagegen nun ein Netz für das Magnetschwebebahnsystem aufbauen.

Matthias Müller, Peking
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Ein Aufseher steht an einem Bahnhof in Peking neben einem Maglev-Zug.

Ein Aufseher steht an einem Bahnhof in Peking neben einem Maglev-Zug.

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Viele Deutsche werden das Magnetschwebebahnsystem Transrapid mit dem einstigen bayrischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber assoziieren. Dieser hatte sich im Januar 2002 beim Neujahrsempfang seiner Partei CSU in Rage geredet und stammelte zusammenhangslose Sätze, in denen es um Hauptbahnhöfe, Flughäfen sowie den Transrapid ging. Die Ironie dabei ist, dass wenige Monate später an Silvester 2002 in Schanghai eine kommerziell betriebene, 30 Kilometer lange Strecke eingeweiht wurde, auf der seitdem die deutsche Transrapid-Technologie zum Einsatz kommt. In der Spitze fährt der Transrapid 430 Kilometer pro Stunde und braucht für die rund 30 Kilometer etwas mehr als 7 Minuten.

38 000 Kilometer Schienen für Hochgeschwindigkeitszüge

China hat in den vergangenen Jahren zwar kleinere Strecken wie in Peking in Betrieb genommen, auf denen das Magnetschwebebahnsystem eingesetzt wird. Der Schwerpunkt hat jedoch auf dem Ausbau des Netzes für Hochgeschwindigkeitszüge gelegen. Ende vergangenen Jahres hatte es einen Umfang von annähernd 38 000 Kilometern, was 26% des gesamten Schienennetzes entspricht. Bis 2035 soll es bis zu 70 000 Kilometer lang sein.

Nun unternimmt das asiatische Land einen Vorstoss, um die Magnetschwebetechnik – magnetische Levitation, weshalb der Zug in China als Maglev bezeichnet wird – zu kommerzialisieren und parallel zum Netz für Hochgeschwindigkeitszüge auszubauen. Die Behörde für natürliche Ressourcen in der im Süden gelegenen Provinz Guangdong hat Details über die anstehende Raumplanung veröffentlicht. Und daraus geht hervor, dass Flächen für den Bau von Trassees für den Maglev reserviert worden sind.

So sollen bis 2030 zwei Strecken in Betrieb genommen werden: Der Maglev wird dann Schanghai und Guangzhou, Hauptstadt der Provinz Guangdong, miteinander verbinden. Bis anhin braucht der Hochgeschwindigkeitszug für die Strecke annähernd 7 Stunden. Mit der Magnetschwebetechnik mit einer Spitzengeschwindigkeit von 600 Kilometern pro Stunde soll sich die Fahrzeit auf 2,5 Stunden verringern. Zusätzlich soll ein Trassee für den Maglev gebaut werden, um Peking mit Guangzhou sowie Hongkong und Macau zu verbinden. Bis jetzt benötigt der Hochgeschwindigkeitszug zwischen Peking und Guangzhou rund 8 Stunden; eines Tages soll es dank der Magnetschwebetechnik nur noch 3,5 Stunden dauern.

Der Maglev wird so zu einer Gefahr für Fluggesellschaften. Diese haben auf der 1400 Kilometer langen Strecke zwischen Peking und Schanghai, für die der Hochgeschwindigkeitszug mit einer Spitzengeschwindigkeit von rund 350 Kilometern pro Stunde 4,5 Stunden benötigt, bereits viele Kunden an den Betreiber des Schienennetzes verloren.

Kosten für den Maglev sollen sinken

China forciert neben dem Ausbau des Netzes auch die Forschung am Maglev. Mitte Januar dieses Jahres hatten Wissenschafter der in der Hauptstadt der südwestlichen Provinz Sichuan, Chengdu, gelegenen Southwest Jiaotong University einen Prototyp eines neuen Maglev-Modells, das billiger und schneller sein soll, präsentiert. Den chinesischen Forschern ist es gelungen, die sogenannte Sprungtemperatur zu erhöhen. Es handelt sich dabei um jene Temperatur, bei der für ein bestimmtes Material Supraleitung möglich ist. Je höher die Sprungtemperatur ist, desto billiger wird die Kühlung. Dieser technische Aspekt treibt die Kosten für die Hochtemperatur-Supraleiter-Magnettechnologie in die Höhe.

Die in Hongkong erscheinende Zeitung «South China Morning Post» zitiert mit Wu Zili einen der Entwickler, die an dem Projekt der Southwest Jiaotong University beteiligt sind. Laut Wu sollen die Kosten für den Bau eines Kilometers Trassee für das neue Maglev-Modell zwischen 250 und 300 Mio. Yuan (Y) betragen, was 42 Mio. Fr. entspricht; die gleiche Neubaustrecke kostet für einen Hochgeschwindigkeitszug 200 Mio. Y. Die Kosten könnten jedoch sinken, sobald die Maglev-Linie in grossen Stückzahlen produziert wird. Und aus betriebswirtschaftlicher Sicht kommt noch ein weiterer Punkt hinzu. Sollte es den Forschern gelingen, das Gewicht des Maglev zu verringern, würden die Kosten für den Bau von Brücken und Tunnels zurückgehen. Sie versprechen auch, die bisherige Höchstgeschwindigkeit des Modells von 620 auf 800 Kilometer pro Stunde zu erhöhen. Den Fluggesellschaften dürfte Böses schwanen.