Der Schweizerische Gewerkschaftsbund lanciert die Initiative für eine 13. AHV-Rente:

Der Lohnklau an den Frauen ist auch ein Rentenklau an den Frauen

Clemens Studer

Seit Jahrzehnten steht der Grund­satz «Gleicher Lohn für gleiche Arbeit» in der ­Ver­fassung. In der Realität ist er nicht um­gesetzt. Das hat auch Auswirkungen auf das­ ­Leben der Frauen nach der ­Pensionierung.

GÄHNENDE LEERE: Frauen in der Schweiz bekommen im Durchschnitt 37 Prozent weniger Rente als Männer. (Foto: iStock)

Jede Berufsfrau wird in ihrem Arbeits­leben um 303’000 Franken betrogen. Bloss, weil sie eine Frau und kein Mann ist. Dafür könnte jedefrau jedes Jahr eine Woche Luxus­ferien auf den Seychellen machen. Das ist zwar kein klimaschonender Vergleich. Dafür eindrücklich. Und weil die Frauen ­weniger verdienen, haben sie auch weniger Rente. Vor allem aus der Pensionskasse. Die bröckeln zwar unterdessen auch für Männer, aber viele Frauen kommen systembedingt nur auf mickrige Renten. Sie würden besonders von einer Stärkung der AHV profitieren.

Ein AHV-­Dreizehnter würde einer Rentenerhöhung von rund 8 Prozent entsprechen.

37 PROZENT WENIGER RENTE

Im Dezember 2018 haben die Delegierten des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) die Volksinitiative für eine dreizehnte AHV-Rente beschlossen. Ein AHV-­Dreizehnter würde einer Rentenerhöhung von rund 8 Prozent entsprechen. Die In­itiative wird jetzt zum 8. März, dem ­Internationalen Tag der Frau, lanciert. Das ist nicht nur symbolisch stimmig. Denn der verfassungswidrige Lohnklau an den Frauen hat auch drama­tische Auswirkungen auf das Leben nach der Pensionierung. Frauen in der Schweiz bekommen im Durchschnitt 37 Prozent weniger Rente als Männer. Die Zahlen im Detail hier: rebrand.ly/rentenluecke. Und rund 500’000 erwerbstätige Frauen haben gar keine Pensionskasse.

Eine Stärkung der AHV würde die Altersvorsorge der Frauen wesentlich verbessern. Denn 38 Prozent der Rentnerinnen leben einzig von der AHV. Und für viele Frauen, die Anspruch auf eine Pensionskassenrente haben, ist diese gschämig gering. Die erschreckenden Zahlen gibt’s hier: ­rebrand.ly/hungerrenten.

Ebenfalls eine wesentliche Verbesserung der Rentensituation für Frauen würde darum die Umsetzung des Sozialpartnerkompromisses zur Sanierung der Pensionskassen bringen. Im Dezember 2019 schickte der Bundesrat ihn in die Vernehmlassung. Diese läuft bis am 27. März. Der Kompromissvorschlag der Sozialpartner ist zwar keine Gewerkschaftsvorlage. Trotzdem würde er einiges für die Lohnabhängigen verbessern. Insbesondere für die Frauen. Ein dauerhafter, solidarisch finanzierter Rentenzuschlag hilft, das heutige Rentenniveau zu halten, obwohl der Umwandlungssatz sofort von 6,8 auf 6 Prozent gesenkt wird. Der Rentenzuschlag wird mit einem Lohnbeitrag von je 0,25 Prozent der Arbeitnehmenden und der Arbeitgeber auf allen Löhnen bis rund 850’000 Franken finanziert. Hohe Löhne bezahlen damit also deutlich mehr für den Rentenzuschlag.

GUT FÜR DIE FRAUEN

Die so zusammenkommende Summe wird pro Kopf an alle künftigen Pensionskassenrentnerinnen und -rentner ausbezahlt. Davon profitieren Menschen mit tiefen Einkommen und Teilzeitarbeitende, insbesondere also auch die Frauen. Weiter schlagen die Sozialpartner vor, den sogenannten Koordinationsabzug zu halbieren. Damit trägt ein grösserer Lohnanteil zum Aufbau der BVG-Rente bei. Das ist ebenfalls für Teilzeitarbeitende und für Menschen mit kleinen Einkommen wichtig. Auch hier sind die Mehrzahl Frauen.

RECHTER WIDERSTAND

Unterdessen haben sich einige ­Arbeitgeberverbände und der Gewerbeverband gegen den Sozialpartner-Vorschlag positioniert. Er ist ihnen zu sozial. Und darum versuchen sie Verwirrung zu stiften mit eigenen Vorschlägen. Diese unterscheiden sich zwar in Nuancen, haben aber eines gemeinsam: sie würden für die Versicherten noch teurer als das ak­tuelle System. Der grosse work-Modellvergleich: ­rebrand.ly/rentenklauer.

Nach SVP und FDP hat sich jetzt auch die CVP in die antisoziale Front eingereiht. Es wird im Parlament eng für den Sozialpartnerkompromiss. Umso wichtiger und dringender ist daher die Stärkung der AHV. Nur diese bringt eine wirkliche Verbesserung der Rentensituation für die Mehrheit der Lohnabhängigen. Die AHV bietet das beste Preis-Leistungs-Verhältnis in der Altersvorsorge. Der AHV-Dreizehnte ist ein vernünftiger Schritt in die richtige Richtung.

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