So entwickeln sich die Corona-Zahlen in der Schweiz – alles zum Coronavirus in der Schweiz in Grafiken

Wann eine neue Welle droht, wie voll die Spitäler sind und welche Daten uns immer noch fehlen – die wichtigsten Kennziffern zur momentanen Pandemielage.

Nikolai Thelitz, Florian Seliger 5 min
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Hinweis: Dieser Artikel wird seit dem 9. Februar 2023 nicht mehr aktualisiert. Aktuelle Informationen zum Coronavirus finden Sie auf der Webseite des Bundesamtes für Gesundheit (BAG).

Belastung des Gesundheitssystems

Seit Pandemiebeginn ist es das wohl wichtigste Ziel aller Bestrebungen: eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern. Ende 2020 kamen die Schweizer Intensivstationen nahe an die Belastungsgrenze, Delta und Omikron sorgten ein Jahr später erneut für hohe Werte.

Die Meldedisziplin der Spitäler ist jedoch verbesserungswürdig. Zahlen des Bundesamts für Statistik (BfS) zeigten, dass die effektiven Werte im Jahr 2020 um rund ein Drittel höher lagen. Zudem werden viele Eintritte oft erst nach Tagen oder Wochen gemeldet, so dass die neuesten Werte jeweils noch stärker unterschätzt sind. Zusätzlich zu den BAG-Zahlen stellen wir darum hier eine Schätzung der effektiven Spitaleintritte im Zusammenhang mit Covid-19 dar.

So entwickelt sich die Zahl der Hospitalisierungen

7-Tage-Schnitt der täglich neu gemeldeten Spitaleintritte im Zusammenhang mit Covid-19 in der Schweiz und in Liechtenstein
Hospitalisierungen laut BAG
Schätzung inkl. Nachmeldungen und Meldelücke*

Wichtig ist dieser Indikator vor allem, weil stark steigende Zahlen Anlass zu erneuten Massnahmen und Einschränkungen sein könnten. Neben der Zahl der Spitaleintritte ist auch die Auslastung der Intensivstationen zentral, hier würden bei einer starken Welle als Erstes die Plätze knapp.

Wie stark die Intensivstationen mit Covid-19-Patienten belegt sind

Anzahl der Patienten und der freien Betten
Patienten mit Covid-19
Andere Patienten
Freie Betten

Zwar könnte die Zahl der Behandlungsplätze im Notfall noch erhöht werden. Inwiefern und über welchen Zeitraum die Patienten in diesen Betten aber auch von geschultem Fachpersonal betreut werden könnten, dürfte im Ernstfall dann die entscheidende Frage sein.

Testpositivität, Abwasser und Varianten

Einer stärkeren Belastung des Gesundheitssystems würden aber verschiedene Warnzeichen vorausgehen, etwa ein erhöhter Anteil positiver Tests. Damit man ein klares Bild der pandemischen Lage erhält, sollte dieser laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unter 5 Prozent liegen. In den vergangenen Wochen ist die Testpositivitätsrate wieder stark gesunken, liegt aber weiter deutlich über 5 Prozent.

So entwickelt sich die Positivitätsrate

Anteil der positiv ausgefallenen Sars-CoV-2-Tests (7-Tage-Schnitt) in der Schweiz und in Liechtenstein, in Prozent
Antigen-Schnelltests
PCR-Tests
WHO-Zielwert
1
Zertifikatspflicht für Restaurantinnenräume und Freizeiteinrichtungen (13. September 2021)
2
Tests für Symptomlose werden kostenpflichtig (10. Oktober 2021)
3
Kosten für Antigen-Schnelltests werden wieder übernommen (18. Dezember 2021)
4
Aufhebung der Zertifikatspflicht (17. Februar 2022)
5
Testkosten werden nicht mehr vom Bund übernommen (1. Januar 2023)

Eine erhöhte Konzentration von Sars-CoV-2-Gensequenzen im Abwasser kann ebenfalls ein Frühindikator für eine sich verschlechternde epidemiologische Lage sein. Im Gegensatz zu den Fallzahlen ist sie nicht vom Testverhalten der Bevölkerung abhängig. In der Vergangenheit ergab sich eine hohe Übereinstimmung mit der Zahl der positiven Tests, etwa im Einzugsgebiet der Kläranlage Werdhölzli in Zürich.

Fallzahlen und Abwasserkonzentrationen

Sars-CoV-2-RNA im Rohabwasser und bestätigte Neuinfektionen im Einzugsgebiet der Kläranlage Werdhölzli (Zürich), 7-Tages-Schnitt, indexiert (Maximalwert = 100)
Fallzahlen
Viruslast (alte Methoden)
Viruslast (neue Methode)

Seit Februar 2022 werden solche Abwassermessungen an 100 Standorten in der Schweiz vorgenommen. Nun hat das BAG die Daten dazu auch der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Mit den Proben, die laut dem Amt rund 70 Prozent der Bevölkerung abdecken, soll neben der epidemiologischen Überwachung auch die Erkennung von neuen Varianten verbessert werden.

Berechnet man den schweizweiten Durchschnitt aller Messungen, so zeigte sich häufig eine sehr ähnliche Entwicklung von Fallzahlen und Gensequenzen im Abwasser. Seit 1. Januar 2023 übernimmt der Bund die Kosten für Corona-Tests aber nicht mehr. Deshalb werden wohl nur noch wenige Corona-Fälle überhaupt erfasst. Die grosse Divergenz zwischen den Fallzahlen und der Virenlast im Abwasser ist ein Zeichen, dass die Dunkelziffer der nicht erfassten Fälle sehr hoch ist.

So entwickeln sich Virenlast und gemeldete Fallzahlen

Fallzahlen und Virenlast im Abwasser in der Schweiz, 7-Tage-Schnitt, indexiert (jeweiliger Maximalwert = 100)
Fallzahlen
Viruslast im Abwasser (Durchschnitt aller Messtationen)

Ein weiteres Warnzeichen ist die Verbreitung von Subtypen und neuen Varianten. Was gerade dominiert oder sich erstmals in den Statistiken zeigt, kann wichtige Hinweise für die Entwicklung in den kommenden Monaten geben. Das BAG dokumentiert die Verbreitung der Varianten auf der eigenen Website. Zahlen für die Schweiz gibt es auch auf dem Portal «Covspectrum».

Todesfälle und Übersterblichkeit

Die Gefährlichkeit von Covid-19 zeigte sich im Winter 2020/21 in Form von vielen Todesfällen und in einer hohen Übersterblichkeit bei der älteren Bevölkerung. Dank der Impfung konnten diese Werte in der Folge aber deutlich reduziert werden.

So entwickelt sich die Zahl der Todesfälle

7-Tage-Schnitt der täglich neu gemeldeten Todesfälle und Spitaleintritte im Zusammenhang mit Covid-19 in der Schweiz

Aufgrund der hohen Impfquote bei den älteren Einwohnern der Schweiz ist derzeit nicht davon auszugehen, dass es nochmals so viele Todesfälle geben wird wie im ersten Corona-Winter.

Dennoch lohnt sich weiterhin ein Blick auf die Zahl der Todesfälle, denn in den letzten Monaten gab es immer wieder Phasen der Übersterblichkeit, es starben weitaus mehr Menschen, als statistisch erwartet wurde. Dies hatte aber womöglich auch andere Gründe als Covid-19, etwa Hitze- oder Grippewellen.

Im Januar 2023 hat das BfS die Bandbreite für die erwarteten Todesfälle nach oben angepasst. Laut einem Bericht des «Tages-Anzeigers» liegt das daran, dass das Jahr 2022 als «normales Jahr» in die Statistik einfliesse. Im Jahr 2022 sei die Übersterblichkeit jedoch aussergewöhnlich hoch gewesen, was unter anderem auch eine Folge der Corona-Pandemie sei. Die neueste Zahl der Todesfälle liegt daher nun wieder unter den statistischen Erwartungen. Inwiefern die Übersterblichkeitsstatistik noch aussagekräftig ist, muss dahingestellt bleiben.

So entwickelt sich die Sterblichkeit

Statistisch erwartbare und tatsächlich eingetretene Todesfälle pro Woche bei Menschen über 65 Jahren in der Schweiz
Erwartete Bandbreite
Tatsächlich verzeichnete Todesfälle
1
Starke Grippewelle
2
Hitzewelle
3
Starke Grippewelle
4
Erste Corona-Welle
5
Zweite Corona-Welle
6
Weitere starke Corona-Welle
7
Hitzewelle
8
BfS passt Erwartungsbereich an

Die Todesfälle, welche in den vergangenen zwei Jahren im Zusammenhang mit Covid-19 verzeichnet wurden, haben ihre Spuren auch hinsichtlich der Lebenserwartung der Schweizerinnen und Schweizer hinterlassen. Studien weisen aber darauf hin, dass es sich dabei um einen kurzfristigen Effekt handeln dürfte. Nach einem deutlichen Rückgang 2020 hat sich der Wert im Jahr 2021 wieder erholt.

Impfwirksamkeit und Long Covid

Weiterhin wird zentral sein, wie viele der Älteren sich für eine weitere Auffrischimpfung entscheiden werden, um so schwere Erkrankungen verhindern zu können.

Rund 46 Prozent der Ältesten sind zweimal geboostert

Anteil der geimpften Personen, nach Altersklassen, in Prozent
Einfach geimpft
Doppelt geimpft*
Dreimal geimpft
Viermal geimpft

Der bisherige Pandemieverlauf zeigt, dass, wer doppelt oder – noch besser – drei- oder viermal geimpft ist, seltener im Spital landet als eine ungeimpfte Person.

Es wurden vor allem Ungeimpfte hospitalisiert

Wöchentliche Spitaleintritte im Zusammenhang mit Covid-19 in der Schweiz und in Liechtenstein von über 60-Jährigen, pro 100 000 Geimpfte bzw. Ungeimpfte über 60 Jahren
Booster erhalten
Doppelt geimpft
Ungeimpft

Die Kurven für die Spitaleintritte der ungeimpften und der geimpften über 60-Jährigen haben sich in den letzten Monaten jedoch angenähert. Das könnte daran liegen, dass generell eher wenige Personen aufgrund von Covid-19 hospitalisiert wurden.

Ein kleiner Prozentsatz der an Covid-19 Erkrankten hat mit Langzeitfolgen zu kämpfen. Fast 4000 betroffene Personen haben sich bereits bei der Invalidenversicherung (IV) angemeldet.

Long Covid bleibt ein Problem

Monatliche IV-Anmeldungen nach einer Covid-19-Erkrankung

Dem Sozialwerk dürften also infolge der Auswirkungen der Pandemie Mehrkosten entstehen. Wie hoch diese ausfallen werden, ist aber schwierig zu beziffern. Unklar ist etwa, wie viele der potenziellen Bezüger sich bereits angemeldet haben und wie lange eine Arbeitsunfähigkeit wegen Long Covid anhält.

Was uns fehlt

Nach mehr als drei Jahren Pandemie können die aufgeführten Kennzahlen bei der Bewältigung der Krise und beim vorausschauenden Handeln helfen. Das Datenangebot ist mittlerweile gross, trotzdem gibt es noch Potenzial.

Etwa im Bereich der Seroprävalenzstudien. Wer aufgrund einer Impfung oder einer Infektion Antikörper im Blut hat, ist zu einem gewissen Grad gegen die Krankheit geschützt. Wie verbreitet ein solcher Schutz in der Bevölkerung (die Seroprävalenz) ist, wird mittels Studien untersucht. Für die Schweiz gibt es dazu aber keine aktuellen Zahlen. Die letzten Daten stammen vom August 2021, als im Rahmen des Projektes «Corona Immunitas» in einer Handvoll Kantone bei rund 80 Prozent der Bevölkerung eine Immunität festgestellt wurde. Vollständigere Daten gibt es hier beispielsweise in Grossbritannien, wo in wöchentlichen, flächendeckenden Studien eine Seroprävalenz von derzeit rund 99 Prozent festgestellt wird.

Hinweis: Mehr dazu, wie die NZZ Daten zum Coronavirus verwendet, lesen Sie hier. Weitere Zahlen zur Corona-Situation in der Schweiz finden Sie auf der Seite des BAG.

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