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Wirtschaft Strafzölle

Für Trump brechen die Amerikaner sogar mit dem Mythos Harley

EU-Korrespondent in Brüssel
„Handelskrieg? Wir sind im Grunde mittendrin“

Chinas Präsident Xi Jinping verschärft im Handelsstreit mit den USA den Ton und ausgerechnet die Harley Davidson will Teile seiner Produktion ins Ausland verlegen. Kapitalmarktstratege Stefan Riße schätzt diese Entwicklung ein.

Quelle: WELT/Dietmar Deffner

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Harley-Davidson hat ein Problem: Jetzt wird offensichtlich, dass sich im Handelsstreit viele US-Kunden auf Trumps Seite stellen und auf neue Maschinen verzichten. Sogar die treuesten Biker positionieren sich deutlich.

Sie stecken in einem Dilemma. Wen sollen die „Bikers for Trump“ nur unterstützen? Die Firma aus der Stadt Milwaukee, die ihre Motorräder herstellt, ihre mächtigen Harleys mit den verchromten Auspuffrohren und extrabreiten Reifen? Oder Donald Trump, den amerikanischen Präsidenten, ihr großes Idol? Vor kurzem hat sich die Gruppe entschieden: gegen das Unternehmen, für den Mann im Weißen Haus.

Die „Bikers for Trump“ hatten dem Republikaner schon im Wahlkampf 2016 geholfen. Sie waren damals bei vielen Veranstaltungen zu sehen, in schweres Leder gekleidete Männer und Frauen, auf den Köpfen Trump-Mützen, an ihren Maschinen amerikanische Flaggen. Nun kündigte der Chef der Gruppe an, man werde dem Präsidenten treu bleiben – obwohl dieser den Motorradhersteller Harley-Davidson attackiert. „Wir haben Harley Davidson immer geliebt, in guten wie in schlechten Zeiten“, sagte Cox dem US-Sender Fox News.

„Aber wir glauben, dass Trump die Firma zurecht angeht.“ Der Präsident kritisierte die Manager aus Milwaukee zuletzt heftig, drohte ihnen mit dem „Anfang vom Ende“. Den Republikaner empört, dass Harley-Davidson einen Teil der Produktion ins Ausland verlagern will. Die „Bikers for Trump“ stehen an seiner Seite – und offenbar auch viele andere amerikanische Kunden: Im zweiten Quartal musste Harley-Davidson deutliche Abstriche machen.

Der Gewinn sank um mehr als sechs Prozent auf 242,3 Millionen Dollar, wie das Unternehmen mitteilte. Der Umsatz ging um gut drei Prozent auf 1,5 Milliarden Dollar zurück.

Harley will Preiserhöhungen dringend vermeiden

Damit fielen die Zahlen aber noch erheblich besser aus als von vielen Analysten befürchtet. Grund dafür ist eine positive Entwicklung des internationalen Geschäfts: Im zweiten Quartal sank der Absatz in den USA zwar im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 6,4 Prozent auf nur noch 46.490 verkaufte Motorräder. Im Ausland nahm er hingegen zu, um 0,7 Prozent auf 31.938 Maschinen. Dort scheint den Menschen weniger wichtig zu sein, wo Harley-Davidson produziert.

Die Firma hält an dem Vorhaben, künftig mehr im Ausland zu bauen, offenbar trotz der Kritik von Trump und den US-Kunden fest. Der Grund dafür ist der Handelsstreit, den der Präsident angezettelt hat. Er verhängte Zölle auf Stahl und Aluminium, woraufhin die Europäische Union Abgaben auf amerikanische Waren einführte – zum Beispiel auf Erdnussbutter, Whiskey und eben Harleys. Das Unternehmen will nun eine Preiserhöhung für Kunden in Europa vermeiden. Die Anhebung der EU-Zölle von bisher sechs auf 31 Prozent macht jedes ihrer Motorräder in Europa durchschnittlich um 2200 Dollar teurer.

Bis die Verlagerung ins Ausland abgeschlossen ist, will Harley-Davidson die erhöhten Kosten durch die Zölle nicht auf die Kunden abwälzen, sondern selbst tragen. Die Belastung bezifferte das Unternehmen auf jährlich bis zu 100 Millionen Dollar. Experten schätzen, dass es zwischen neun und 18 Monate dauern könnte, die nötigen Produktionskapazitäten im Ausland zu schaffen.

Es scheint, als fühle sich Trump verraten

Trump griff schon viele Unternehmen an, Amazon, Apple, Boeing, die großen amerikanischen Autobauer. Aber bei Harley-Davidson ist der Präsident wohl besonders empfindlich. Denn die wichtigsten Kunden sind Männer jenseits der 50, weiß, politisch konservativ – also jene Bürger, von der er sich bei der Kongresswahl im Herbst dieses Jahres und womöglich auch bei der Präsidentschaftswahl 2020 Unterstützung erhofft. Die „Bikers for Trump“ haben schon mit der Wahlhilfe begonnen, sie sammeln seit kurzer Zeit Spenden für eine mögliche Trump-Kampagne in zwei Jahren. Trump pries Harley-Davidson in der Vergangenheit gerne als Vorbild. Eine amerikanische Firma, die ihre Motorräder in Amerika fertigt. Der Inbegriff von „Made in America“ also. Nun scheint es, als fühle sich der Präsident verraten.

In seinen vielen Twitter-Tiraden drohte er dem Unternehmen sogar einmal an, ausländische Motorradbauer ins Land zu holen, um für Konkurrenz zu sorgen.

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Aber auch schon ohne all das, ohne Europas Vergeltungszölle und ohne Trumps Attacken, erlebt Harley-Davidson schwere Zeiten. Der Konzern, 1903 gegründet, kämpft auf dem amerikanischen Markt sowieso mit einer sinkenden Nachfrage. Harley-Davidson wirkte lange Zeit unzerstörbar, überlebte in den 30er-Jahren die Große Depression, überlebte nach 2007 die Finanzkrise. Aber nun sieht es düster aus, ganz ohne Rezession. Junge Menschen mögen die dicken, lauten Bikes nicht mehr.

Der Umsatz fällt, die Aktie verliert an Wert, aber das Erschreckendste für das Unternehmen könnte etwas anderes sein: dass es immer weniger Halsketten, Kopftücher und T-Shirts verkauft. Denn kann es ein deutlicheres Zeichen für die Krise einer Marke geben? Früher war Harley-Davidson die coolste Marke der Nation. Wer zu Hause auszog, fuhr mit einer Harley auf den Highways, tagelang, manchmal wochenlang, bevor er sesshaft wurde, eine Familie gründete. Für viele Menschen auf dem Land, die heute zwischen 40 und 60 Jahre alt sind, gehörte der Kauf einer Harley zum Erwachsenwerden. Aber die jungen Menschen von heute können mit den schweren Bikes kaum noch etwas anfangen.

Trump verflucht Harley-Davidson für Produktion im Ausland

Eine kalte Dusche für US-Präsident Donald Trump, der seine Zollpolitik doch stets mit „America first“ begründete: Ausgerechnet Harley-Davidson verlagert seine Produktion raus aus den USA.

Quelle: WELT/

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