Menschen erzählen, wie sich das Leben ohne die «richtigen» Papiere in der Schweiz anfühlt

Zum Beispiel Leilani, 47, Köchin

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In einem neuen Buch* erzählen Sans-papiers ihre persönlichen Geschichten. work dokumentiert eine davon mit freundlicher Genehmigung des Verlages.

WAS KOMMT NOCH? Leilani kam von einer Trauminsel der Schweizerinnen und Schweizer ins Land. Weil sie nicht die richtigen Papiere hat, ist sie Arbeitgebern und Vermieterinnen ausgeliefert. Manche sind nett – viele Ausbeuterinnen und Abzocker. (Fotos: Ursula Markus)

Ein Frühlingstag in Lausanne. Leilani lotst uns mit ihrem Mobiltelefon zum Haus, in dem sie wohnt. Adressen sind die Achillesferse von Sans-papiers. Am besten spricht man sie gar nicht erst aus. An keiner der zahlreichen Türglocken am angejahrten Mehr­familienhaus steht ihr Name. Hoch oben über der Stadt teilt sich Leilani mit ihrem 21jährigen Sohn ein kleines Studio. Ein Stockbett, ein Tisch und ein Sofa. Was auf uns beengt wirkt, ist für Leilani und Louis ein grosses Glück. Zwei Jahre hausten sie in einem alten Wohnwagen ohne fliessend Wasser und Heizung.

Leilani offeriert uns Pulverkaffee und ­einen selbstgebackenen Apfelkuchen. Louis lässt sich damit nicht vom Bildschirm weg­locken, vor dem er die meiste Zeit seines jungen Lebens verbringt.

Leilani beginnt zu erzählen: Bevor ich in die Schweiz kam, habe ich auf einer paradiesischen Insel im Indischen Ozean in der ­Hotellerie gearbeitet. Wenn ich meine Heimat erwähne, sagen die meisten Schweizerinnen und Schweizer: Oh, schön! Eine Traum­insel! Ich möchte dieses Bild nicht zerstören und darum den Namen des Eilands nicht nennen. Der Tourismus soll florieren, das hilft allen. Viele Reisende kennen die Insel als wirtschaftlich fortgeschrittenes Land, sie sehen Bilder von schönen Hotels und Restaurants. Was sie nicht sehen: Viele Familien der kreolischen Minderheit – dazu gehören wir – leben in extremer Armut. Die Kinder gehen nicht zur Schule, haben kaum Chancen auf einen Arbeitsplatz. Das war mein Antrieb, mein Land zu verlassen. Ich war alleinerziehend, hatte aufgrund der Wirtschaftskrise meine Arbeit verloren. Ich wollte nicht, dass mein Sohn in Armut leben muss und ohne jegliche Perspektive in die Zukunft blickt. Er sollte es besser haben, etwas lernen können. Immer wieder sagten Gäste zu mir: ‹Du bist eine gute Köchin, in Europa könntest du Karriere machen.›

«Meine ersten Eindrücke von Europa waren ernüchternd.»

EIN SCHÖNES LAND. Ich wählte die Schweiz, weil es ein schönes und ruhiges Land ist, in dem alle Kinder zur Schule gehen dürfen. Wir mussten einen Umweg über Frankreich machen, um hierherzukommen. Wer von meiner Insel nach Europa reisen will, braucht ­jemanden, der ihm eine sogenannte Lettre d’hébergement ausstellt, eine Garantie, für die Unterkunft aufzukom­men. Ich habe Verwandte in Paris. Sie stellten mir das Dokument aus, hatten aber natürlich kein Geld, um für uns zu sorgen. Die ersten Eindrücke, die ich in Europa sammelte, waren ernüchternd. Das echte Paris hatte nichts mit der Stadt zu tun, die ich von Fotos und aus Filmen kannte. Alles war dreckig, die Mauern voller Graffiti, die Fassaden heruntergekommen. Ich war enttäuscht und bekam Angst. Hatte ich die richtige Ent­scheidung getroffen? Als wir nach ein paar Tagen im Zug Richtung Schweiz sassen, beruhigte ich mich. Die Landschaft war schön, die Häuser sahen gepflegt aus. Ich atmete auf. Alles würde gut werden.

Über einen Vermittler fanden wir ein Zimmer in einem kleinen Dorf in der Nähe von Lausanne. Es war winzig, spärlich eingerichtet, kostete 800 Franken im Monat. Wir wussten nichts über die Gepflogenheiten in der Schweiz, dach­ten, wir seien willkommen und ich fände schnell Arbeit. Doch Louis und ich lernten bald, dass es hier tausend Regeln zu beachten gilt, auch für Leute, die eigentlich gar nicht hier sein dürften. Der Müll hat nur an bestimmten Tagen rausgebracht zu werden. Und wer hier lebt, muss eine Krankenkasse bezahlen, auch die ohne Lohn. Ich konzentrierte mich auf die Arbeits­suche, konnte mich schnell an verschiedenen Orten vorstellen. Doch als der erste Arbeitgeber versuchte, einen Arbeitsvertrag zu machen, erfuhr ich, dass ich aus einem sogenannten Drittstaat kam und folglich nicht das Recht hatte, hier zu arbeiten. Für einen Moment verlor ich den Boden unter den Füssen.

Ich hatte keine Wahl. Ich musste Arbeit finden, denn ich hatte Schulden. Das Geld, das uns ermöglicht hatte, in die Schweiz zu reisen, hatte ich mir geliehen. Mit dem, was wir noch übrighatten, bezahlte ich die Miete für unser Zimmer. Zum Glück fand ich nach einem Monat Arbeit bei einer Familie, in der ich zwei kleine Kinder zu betreuen hatte. Die Mutter, eine Schweizerin, versuchte das Arbeitsverhältnis legal zu machen, scheiterte aber an den bestehenden Gesetzen. Für Louis war die Situation sehr schwierig. Er blieb tagsüber allein zurück in diesem kleinen Zimmer.

VOM VERMITTLER BETROGEN. Fast ein Jahr arbeitete ich als Haushälterin und Kinderbetreuerin. Die Familie bezahlte mir monatlich 1900 Franken in bar. Das reichte für das Zimmer, unser Essen, und ich konnte sogar noch etwas heimschicken. Doch leider zog die ­Familie weiter weg – in ein Haus, das mit ­öffentlichen Verkehrsmitteln nicht mehr zu erreichen war. Bald darauf kündigte uns der Vermieter das Zimmer. Wir mussten es sofort räumen. Ich erinnere mich noch genau an die Situation. Es war der 3. Januar 2017. Als Sans-papiers konnten wir uns nicht wehren, keine Verlängerung des Vertrages erwirken. Ich schlief keine Minute mehr. Ich hatte zwar etwas Geld gespart, aber das reichte hinten und vorne nicht. Wir kannten ausser dem Mann, der uns das Zimmer vermittelt hatte, niemanden, und der war, wie sich später herausstellte, ein Gauner. Unser Zimmer hatte nicht 800, sondern nur 450 Franken gekostet. Und nicht einmal das hatte der Mann dem Vermieter überwiesen, sondern die gesamten Mietkosten für sich behalten – darum mussten wir damals gehen.

KEIN GELD FÜRS HEIZEN. Wir zogen ins Hotel Ibis in Lausanne. Das Zimmer kostete 80 Franken pro Nacht. Mein Erspartes reichte gerade einmal für drei Tage. Ich telefonierte mir die Finger wund, rief schliesslich bei einem Campingplatz an, der Wohnwagen vermietete. Der Besitzer bedauerte, keinen freien Platz zu haben, versprach aber, uns zu helfen. Noch am selben Abend rief er zurück und sagte, es sei jemand abgereist. Wir müssten den Wagen selber putzen, könnten aber einziehen. Die Miete des Caravans koste 450 Franken pro Monat. Als wir auf dem Campingplatz ankamen, war der Himmel grau, der Schnee reichte uns bis über die Knie. Es war wahn­sinnig kalt. Heizen konnte man den Wohnwagen mit einer Gas­heizung, was aber so viel Geld kostete, dass wir uns das nicht hätten leisten können.

Wir lernten, was es heisst, wirklich zu frieren. Eine solche Kälte hatten wir noch nicht erlebt. Der Caravan verfügte weder über eine Toilette noch über eine Dusche. Die nächsten sanitären Anlagen waren zu Fuss zehn Minuten entfernt. Durch den Schnee. Auch Wasser mussten wir dort holen.

Nach ein paar Nächten, in denen wir aufgrund der Kälte nicht geschlafen hatten, bat ich im Büro der Caritas in Lausanne um Decken und wärmere Kleidung. Sie gaben mir solche Wärmedecken aus Aluminium mit, mit denen die Bootsflüchtlinge in Griechenland in Empfang genommen werden. Sie hal­fen gegen die Kälte, aber unter den Decken bildete sich so viel Kondenswasser, dass am Morgen das ganze Bett nass war. Es war schrecklich. Zwei Jahre haben wir so gelebt; wir hatten keine Wahl.

«Man muss doch jemanden lieben, bevor man den Bund fürs Leben eingeht.»

SCHULE FÜR DEN SOHN. Ich arbeitete viel, fand aber nichts Festes. Zwei Stunden putzen da, zwei Stunden putzen dort. Mich zeitlich zu organisieren war schwierig, arbeitete ich doch überall auf Abruf und wusste nie, wann ein Arbeitgeber anrufen würde. Wenn ich meinen Kundinnen und Kunden erzählte, dass ich auf einem Campingplatz wohne, waren sie schockiert. Immerhin hatte sich Louis’ Situation verbessert. Er durfte eine Berufswahlschule besuchen und war dadurch tagsüber in geheizten Räumen.

Eines Tages wurde er dort von der Polizei kontrolliert. Weil er sich nicht ausweisen konnte, nahmen sie ihn mit auf das Revier. Sie liessen ihn wieder gehen, schrieben ihm an seine Adresse einen Brief, in dem er aufgefordert wurde, die Schweiz sofort zu verlassen. Wir erfuhren erst Monate später von dieser Aufforderung. Der Brief wurde uns auf dem Campingplatz nie zugestellt.

GLÜCK ODER BEDROHUNG? Fast zwei Jahre suchte ich nach einer Wohnung für uns, aber niemand wollte Leute ohne Papiere als Mieter. Ich hatte schon fast aufgegeben, als mich eine Arbeitgeberin fragte, ob ich jemanden kennen würde, der ein Studio suche. Ihr Mann habe in einer Immobilie in der Stadt einen Leerstand. Ich traute meinen Ohren kaum – sie fragte mich! Ich erzählte ihr, dass ich in ­einem Wohnwagen auf einem Campingplatz wohne, und beschrieb ihr unsere Lebenssitua­tion. ‹Ich spreche mit meinem Mann›, versprach sie, bezweifelte aber, dass er an Sans-papiers vermieten werde. Ihr Mann war ein gut bezahlter Staatsangestellter. Ich bekam plötzlich Angst. Würde er uns anzeigen? Doch die Frau beruhigte mich: ‹Ich kenne dich und weiss, dass du eine gute Frau bist. Mach dir keine Sorgen!› Er sagte Nein. Dann habe ich ihn persönlich kennengelernt und ihm von Louis erzählt und von der Kälte im Wohnwagen. Er änderte seine Meinung.

BEIM BERUFSBERATER. Und so leben wir nun seit zwei Jahren hier, mitten in Lausanne. Ich bin weiterhin für diese Familie tätig, vier Stunden pro Woche, inzwischen sogar mit AHV-Abzügen und Versicherung. Ich arbeite weit mehr als viele Schweizerinnen und Schweizer, verdiene trotzdem nur 2200 Franken im Monat. Das Studio kostet 780 Franken, alles inklusive. Wir haben sogar eine Krankenversicherung.

Wir kommen gut durch, ich bin dabei, meine Schulden in der Heimat abzuzahlen. Die grössten Sorgen mache ich mir um Louis, der als Sans-papiers keine Lehre machen darf und praktisch immer zu Hause sitzt. Letzte Woche waren wir im Berufsinformationszentrum, doch der Berater meinte, er könne nichts für Louis tun, weil er nicht bereits als Kind in die Schweiz gekommen sei und keine Papiere habe. Er riet ihm, ähnliche Arbeitsverhältnisse wie meine zu suchen oder eine Schweizerin zu heiraten. Aber er ist erst 21 Jahre alt. Man muss doch jemanden lieben, bevor man den Bund fürs Leben eingeht.

Ich habe den Berater gefragt, ob es noch andere Junge gebe, die in derselben Situation seien. Er nickte. Fünf bis sechs junge Sans-papiers empfange er pro Monat. Während er das alles Louis erklärte, konnte ich sehen, wie mein Sohn mit den Tränen kämpfte. Es macht mich furchtbar traurig. Was sollen diese jungen Menschen machen? Wie sollen sie sich eine Zukunft aufbauen?

Bei der Sans-papiers-Anlaufstelle sagt man uns, als Familie müssten wir mindestens fünf Jahre hier sein, um Papiere beantragen zu können. Wir sind jetzt vier Jahre in der Schweiz. Und man müsse ­einen Arbeitsvertrag vorlegen. Ich habe verschiedene Verträge, einen von einer Ärztin, ­einen anderen von einer fast hundertjährigen Frau, die ich pflege. Ich habe also Hoffnung, dass es irgendwann klappen wird. Ob Louis psychisch noch so lange durchhält, weiss ich nicht.

«Wir bekommen keinen Lohn, wenn die Familie verreist ist.»

FÜNFZIG ARBEITGEBERINNEN. Ich habe, seit ich in der Schweiz lebe, für ungefähr fünfzig Arbeitgeber oder Arbeitgeberinnen gearbeitet, vor allem in privaten Haushalten. Mit vielen Schweizer Familien habe ich bis heute ein gutes Verhältnis. Ausländische Familien sind oft Ausbeuter. Ich glaube, viele Schweizerinnen und Schweizer haben keine Ahnung, was Sans-papiers in ihrem Land erleben.

Ich arbeite beispielsweise für eine sehr reiche indische Familie. Sie lebt am Genfersee in einer Villa über dem See. Sie grüssen mich nicht, wenn ich zur Arbeit erscheine. Wenn sie etwas von mir wollen, schreien sie mich an. Sie haben eine kleine Glocke, mit der sie die Angestellten rufen, und sie erwarten, dass wir sofort erscheinen, auch wenn wir gerade im oberen Stock sind. Wir sind eine ganze Gruppe Hauspersonal. Die Familie beschäftigt einen Gärtner, einen Chauffeur und weitere Haushaltshilfen aus den Philippinen, aus ­Nepal und Indien.

Die Umgangsformen sind rüde. Der ehemalige Koch liess einmal aus Versehen einen silbernen Kerzenhalter fallen; es war wirklich keine Absicht. Die Hausherrin setzte ihn sofort vor die Tür, ohne Lohn, ohne nichts. Ich glaube, diese Leute wissen, dass ihnen eigentlich nichts passieren kann. Wie sollten wir uns wehren? Den neuen Koch haben sie dann aus Indien einfliegen lassen. Er arbeitet von ­­6 Uhr morgens bis 14 Uhr, dann von 16 Uhr bis mindestens 21 Uhr. Jeden Tag. Wir andere ­haben pro Arbeitstag dreissig Minuten Pause, um etwas zu essen. Wenn die Familienmitglieder in dieser Zeit klingeln, müssen wir aber trotzdem rennen. Niemand von uns erhält Lohn, wenn die Familie verreist, in die Ferien oder geschäftlich.

In all den Jahren, in denen ich dort arbeite, war ich einmal zwei Tage lang krank. Ich meldete mich telefonisch ab, doch die Sekretärin der Familie forderte mich auf, ein Medikament zu schlucken und trotzdem zu kommen. Es ging nicht. Da rief mich die Frau zurück und sagte mir, ich müsse gar nicht mehr kommen, sie hätten bereits einen Ersatz. Diese neue Frau ist am ersten Arbeitstag weinend zusammengebrochen. Am dritten Tag wurde ich wieder geholt. Dann hörte ich, wie sie über mich redeten. Weil ich etwas Hindi spreche, verstand ich, was sie sagten: Ich sei faul und hätte kein Hirn.

Eines Tages vergass ich, die Badetücher zur richtigen Zeit in die Zimmer der beiden Töchter zu legen. Das jüngere Mädchen beschimpfte mich: ‹Wahrscheinlich brauchen Leute wie du nie Badetücher, weil ihr euch eh nie wascht.› Ich schwieg, aber diese Äusserung verletzte mich tief. Im Grunde genommen ist das, was in solchen Familien geschieht, nichts anderes als moderne Sklaverei.

Seit längerem leide ich unter Magenproblemen. Eine Cousine, die Krankenschwester ist, meinte, ich sei krank geworden, weil ich mir zu viel gefallen liesse. Seither bete ich zu Gott und versuche, meine Lage einfach zu akzeptieren. Langsam gelingt es mir. Ich nehme zwar noch Medikamente, aber ich beginne, mich in eine Normalität einzufinden. Eigentlich ist das unfassbar.

Zum Glück habe ich inzwischen viele Freundinnen und Freunde in der Schweiz. Sie tun mir gut. Einige habe ich auf einer Pilgerfahrt nach Einsiedeln kennengelernt. Wir ­haben gemeinsam die Schwarze Madonna ­besucht. Ich schaffe mir hier ein Umfeld, in dem ich mich wohl fühle, da ich nicht damit rechnen kann, jemals wieder in meine Heimat zurückkehren zu können. Für mich ist das in Ordnung so, ich bin bereits 47 Jahre alt, habe mein Leben gelebt. In meiner zwar knappen Freizeit leiste ich Freiwilligenarbeit fürs Rote Kreuz und engagiere mich für Sans-­papiers. Beides mache ich gerne. Aber was ­passiert mit Louis? Ich verstehe, dass die Schweizer Regierung will, dass wir in unsere Heimatländer zurückkehren, aber wir haben unser Leben hier, sind integriert. Auch wenn sie uns noch schlechter behandeln – wir werden nicht einfach verschwinden.

DAS SAGT LOUIS, 21

Louis war 17, als er mit seiner Mutter in die Schweiz kam. Er konnte die Berufswahlschule besuchen. Danach war ihm ein weiterer Schulbesuch aufgrund seines Alters untersagt. Um eine Lehrstelle antreten zu dürfen, hätte er in der Schweiz fünf Jahre zur Schule gehen müssen. Keine Firma habe das Risiko auf sich nehmen wollen, für einen Sans-papiers zu kämpfen, sagt der junge Mann mit dem schmalen Gesicht und den traurigen Augen. Das verstehe er sogar irgendwie. Seine Lehrer hätten ihm beim Erstellen des Lebenslaufes geholfen, ihm aber geraten, ins Heimatland zurückzukehren. Louis ist ihnen nicht böse. «Sie wissen nicht, wie die Situation für uns Kreolen dort ist.»

Seine Tage verbringt Louis vor dem Computer, macht Videospiele oder versucht, sich im Internet zu bilden. Was sein Traumberuf wäre, weiss der 21jährige nicht. Einmal pro Woche besucht er einen Französisch- und einen Mathematikkurs, der von einer Hilfsorganisation angeboten wird, je eine Stunde lang. Manchmal hilft er seiner Mutter bei einem ihrer Jobs. An die Polizeikontrolle während der Zeit in der Berufsschule ­erinnert er sich nicht gerne. Sie hat ihn so verängstigt, dass er mehrere Wochen die Wohnung gar nicht mehr verlassen wollte und nicht mehr zur Schule ging. Über eine seiner Lehrerinnen fand er einen Psychologen, der ihm half, wieder Selbstsicherheit zu gewinnen. Heute würde sich Louis trauen, Freunde zu treffen. Doch dann kam Corona, und Louis lebt noch isolierter, als er es schon vorher tat.

* Die Unsichtbaren sichtbar machen

Tanja Polli, Ursula Markus: Die Unsichtbaren. Sans-papiers in der Schweiz. Mit rund 100 Schwarzweissfotos, 256 Seiten, Rotpunktverlag, ca. CHF 42.–. www.rotpunktverlag.ch


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