Neuer Temporär-GAV:

Mindestlöhne für alle

Christian Egg

Grossartig! Jetzt gelten die Mindestlöhne auch für Temporäre in der Industrie. Ohne Ausnahmen!

PERSONALVERLEIH-GAV: Gilt auch für die Lebensmittelindustrie. (Foto: Keystone)

Er ist der grösste Gesamtarbeitsvertrag der Schweiz: Der Gesamtarbeitsvertrag (GAV) Personalverleih legt die Bedingungen für 380’000 Temporärmitarbeitende fest. Und bisher hatte er eine grosse Lücke: In fast allen Bereichen der Industrie galten für Temporäre keine Mindestlöhne.

Die Folge war Lohndumping: in der Chemie, der Lebensmittel- oder der Verpackungsindustrie. Véronique Polito von der Unia-Geschäftsleitung: «Die Löhne lagen teils bei 14 oder 15 Franken pro Stunde. Auch in Hightechfirmen, etwa in der ­Medizinaltechnik.»

Ab 2023 ist damit Schluss. Die Sozialpartner haben vereinbart, diese Ausnahme im GAV ersatzlos zu streichen. Ab dann gelten die GAV-Mindestlöhne auch in der Industrie sowie im öffentlichen Verkehr – auch der war bisher ausgeschlossen. Mehr noch: Im Anhang zum GAV steht eine Liste von Branchen- und Firmenverträgen. In den dort unterstellten Firmen haben Temporäre sogar Anspruch auf die gleichen Mindestlöhne wie die Festangestellten. Nur haben es die Arbeitgeber jahrelang abgelehnt, diese Liste zu erweitern. Jetzt nicht mehr: Sie gehen sogar aktiv auf neue Branchen und Firmen zu. Und so die dort eingesetzten Temporären besserstellen.

Als drittes Element steigen im neuen GAV ab 2022 die Mindestlöhne um 0,5 bis 1,1 Prozent. Für Temporärmitarbeitende mit Lehrabschluss betragen sie dann 4695 Franken monatlich in Hochlohngebieten, sonst 4395 Franken. Einen noch stärkeren Anstieg (maximal 4,5 Prozent) gibt’s im Tessin. Grund ist die Anpassung an den dort neu geltenden kantonalen Mindestlohn.

ERLEICHTERT. Die GAV-Verhandlungen standen lange Zeit auf der Kippe. Véronique Polito: «Die Arbeitgeber haben fast bis zum Schluss an ihren Abbauforderungen festgehalten.» Am letzten Termin, dem 7. Oktober, habe man den ganzen Tag verhandelt, von 9 Uhr morgens bis in den Abend hinein. Erst in den letzten Stunden hätten sich die Positionen angenähert, so Polito. Sie ist erleichtert: «Wir konnten einen vertragslosen Zustand in letzter Minute abwenden.»

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